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Gastartikel von Tom Jalowicki & Anton Rauh


„Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen – Na ich liebe doch – Ich setze mich doch dafür ein“


Erich Mielke, Minister des MfS von 1957 bis 1989, schrie diese Worte 1989 der tobenden Menge in der Volkskammer, dem Parlament entgegen. Dies war seine erste und letzte Rede vor dieser. Vielen stellt sich nun sicherlich die Frage, was ist überhaupt das MfS? Ausgeschrieben versteht man darunter das Ministerium für Staatssicherheit der DDR, kurz „Stasi“. 1950 gegründet verstand sich das MfS als „Schild und Schwert der Partei“, also der SED, die als nahezu einzige Partei der DDR, unter der Tarnung der Demokratie, Ostdeutschland diktatorisch regierte.
Im Rahmen des Geschichtsunterrichtes besichtigten die gymnasialen 10. und 11. Klassen die ehemalige zentrale Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit der DDR, heute die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Geplant und organisiert von Frau Hogreve, durchgeführt unter der Begleitung von Herrn Blanck sowie Herrn Schuldt.




Der erste Eindruck

Der erste Eindruck von außen: große dicke Mauern übersehen mit Stacheldraht, alles überblickende Wachtürme sowie für heutige Verhältnisse riesige Überwachungskameras – alles in allem ein bedrohlicher und erdrückender Anblick. Nachdem wir durch das massive Stahltor eingetreten waren, erblickten wir die im DDR-Barock gestalteten Verwaltungs-, Verhör- und Gefängnisgebäude. Nach einem kurzen Film, welcher grundlegende Informationen zum Verständnis vermittelte, begann unsere Führung mit einem ehemaligen Insassen, dieser wurde wegen dreimaligen Fluchtversuchs aus der DDR inhaftiert. Aus erster Hand erfuhren wir, wie die Gefangenen behandelt wurden: stundenlange, qualvolle Verhöre, nur um letztendlich dazu gezwungen zu werden, Falschaussagen schriftlich mit einer Unterschrift zu bestätigen. Sich zu widersetzen war zwecklos und führte zu „5 Tagen Gummizelle“, fünf Tage ohne Licht und ohne Wärme. Auf Wunsch des verhörenden Stasi-Mitarbeiters wurde unserem Zeitzeugen, nach Verweigerung der Unterschrift, Freigang gewährt. Diesen erhielt er für mehrere Stunden, damals waren jedoch nur 30 Minuten Standard. Als der ehemalige Gefangene diese ‘Bevorzugung‘ zu spüren bekam, waren es kalte -5°C und Eisregen fiel vom Himmel. Umringt von Stacheldraht, Stahlbeton und stets aufmerksamen Wachen mit Maschinengewehren. Beinah erfroren und kaum noch fähig, sich zu bewegen, musste er den beschwerlichen Weg zu seiner Zelle auf sich nehmen, welcher sich auch über eine halbe Stunde hinziehen konnte. Diese Maßnahmen spiegeln die Grundsätze der Haftanstalt wieder: psychologische Zermürbung der Häftlinge durch Isolation, Ungewissheit und Desorientierung sowie die Zersetzung und Destabilisierung der Persönlichkeit der Gefangenen.



Der Westen als Hilfe

Das westliche Deutschland kaufte regelmäßig zahlreiche Internierte, Häftlinge, frei was dem Staat umgerechnet circa 2 Milliarden Euro einbrachte und unter anderem zur willkürlichen Verhaftung unschuldiger DDR-Bürger und deren Verkauf an die BRD führte. Selbst nach dem Mauerfall wurde diese regelrechte „Zentrale des Terrors“ in Berlin-Hohenschönhausen, jetzt unter Kontrolle des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS), weitergeführt und offiziell erst am 2. Oktober 1990 endgültig geschlossen. Der letzte Gefangene verließ jedoch schon im Frühjahr 1990 die Anstalt.


Keiner der ehemaligen Mitarbeiter von Berlin-Hohenschönhausen wurde je zur Rechenschaft gezogen.

Zusammengefasst war dieser Besuch ein beeindruckendes sowie schockierendes Erlebnis, das uns sowohl Einblick in die Methoden der Stasi, als auch den damit verbundenen Gefängnisalltag in der Haftanstalt ermöglichte.




Artikel vom 11.Juni 2016